Am 26.07.2025 fand der erste One-Day-Choir für TINAQ* Personen in der Musikschule Das Ohr statt. Das neue Format des Nebula Chor e.V. richtete sich an Personen, die sich als trans*, inter*, nicht-binär, agender oder questioning identifizieren, und bot einen niedrigschwelligen Einstieg in chorisches Singen, verbunden mit der Möglichkeit, die eigene Stimme in einem nach außen geschützten Rahmen auszuprobieren.
Teilnehmendenzahl und Raumstruktur
Für die Veranstaltung lagen rund 27 Anmeldungen vor; krankheitsbedingt nahmen letztlich ca. 22 Personen teil. Der Start der Veranstaltung war um 10:00 Uhr, bereits ab 9:30 Uhr wurde der Veranstaltungsort gemeinsam vorbereitet. Neben zwei Proberäumen stand ein reizärmerer Rückzugsraum zur Verfügung, der mit Vorhängen, Sitzgelegenheiten und gedämpftem Licht gestaltet wurde. Dieser wurde bewusst eingeplant, um sensorische Bedürfnisse und emotionale Selbstfürsorge der Teilnehmenden zu unterstützen.
Ablauf und inhaltlicher Fokus
Zum Auftakt wurde ein gemeinsam formulierter Code of Conduct (vgl. Karrenbrock, A., & Hens, K. (2025a). Code of Conduct for Participatory Workshops – Awareness – Let’s Take Care of Each Other. Zenodo. https://doi.org/10.5281/ZENODO.15622420) vorgelesen und besprochen. Ergänzungswünsche – etwa zur Zustimmung bei Komplimenten – wurden direkt aufgenommen und umgesetzt. Es folgte eine Vorstellungsrunde mit Namen, Pronomen und aktuellem Stimmungsbild. Viele Teilnehmende äußerten Aufregung, die im anschließenden Warm-Up durch körperlich-spielerische und stressreduzierende Übungen aufgegriffen wurde.
Im Zentrum des musikalischen Arbeitens stand der Song „Agender“ von Brave James und Oli Rockberger. In einer ersten gemeinsamen Probe wurde der Refrain dreistimmig erarbeitet. Besonders der Moment, als die drei Stimmen erstmals zusammenklangen, wurde von vielen Teilnehmenden im Nachgang als berührend hervorgehoben.
Nach einer kurzen Pause wurde die Gruppe geteilt: Eine Gruppe erarbeitete mit der Chorleiter*in K. improvisierend eine Begleitung für Strophe und Pre-Chorus, während die zweite Gruppe unter der Leitung einer Chorsängerin/Co-Chorleiterin V. die Melodiestimme einübte. Geplant war ein Gruppenwechsel, dieser wurde zugunsten eines gemeinsamen musikalischen Abschlusses verworfen.
Die Ergebnisse beider Gruppen wurden gegenseitig vorgestellt, gewürdigt und schließlich zusammengeführt. Ergänzt durch Hör- und Resonanzübungen entstand ein kollektives, verbindendes Singerlebnis. Der Vormittag endete mit einem vollständigen Durchlauf des Stücks sowie einer abschließenden Feedback- und Check-Out-Runde.
Rückmeldungen und Ausblick
Das Format wurde von den Teilnehmenden durchweg positiv bewertet. Viele wünschten sich eine längere Dauer oder ein optionales Anschlussangebot im Sinne eines Vertiefungsnachmittags. Besonders geschätzt wurden:
- die einfühlsame Leitung und klare Struktur
- der inklusive Rahmen (Code of Conduct, Rückzugsraum)
- das gemeinsame musikalische Erlebnis
- das gegenseitige Empowerment in einem braver space
Mehrere Personen reisten aus dem Umland, teils sogar aus Hannover an – ein Hinweis auf den Bedarf an queeren, musikalischen Angeboten über Köln hinaus.
Kritisch angemerkt wurden einzelne räumliche Engpässe sowie der Wunsch nach mehr Platz für leises Ausprobieren und barriereärmere sprachliche Erläuterungen (z. B. musikalisches Vokabular). Diese Anregungen sollen für kommende Durchläufe berücksichtigt werden.
Fazit
Der One-Day-Choir hat sich als sehr wirksames Format für musikalische und soziale Teilhabe im trans*queeren Kontext erwiesen. Er ermöglichte niederschwellige Begegnung, künstlerischen Ausdruck und kollektive Selbstermächtigung – ohne Leistungsdruck, mit großer Offenheit und Freude. Aus Sicht der Projektleitung spricht vieles dafür, dieses Format weiterzuentwickeln – eventuell als wiederkehrendes Angebot mit optionalen Vertiefungsmodulen.